Das Borderline-Syndrom oder:

Der verrückte Normale

 

"Es ist ungerecht, daß ich für mein eigenes Leben Verantwortung tragen muß.

Das macht mir keinen Spaß, also sollst auch Du keinen Spaß daran haben."

 

Für den Borderliner ist ein Mensch nur dann interessant, wenn dieser ihm die Möglichkeit bietet, vom Borderliner als Sündenbock oder Unterdrücker (oder beides abwechselnd) in Anspruch genommen zu werden. Erst dann gibt der andere ihm etwas, nämlich einen Anhaltspunkt für seinen Masochismus oder Sadismus. Wo dies fehlt, ist für ihn auch keine Beziehung. Wird ihm dieser Beziehungspunkt entzogen, weigert sich also der andere, sich als Sündenbock oder Unterdrücker anzubieten, fühlt sich der Borderliner erst recht in seinem Haß bestätigt (denn der andere ist so gemein, die Beziehung abzubrechen) oder er wird einer grausamen inneren Leere ausgeliefert, aus der er sich wiederum nur durch abgrundtiefen Haß befreien kann.

Jemand, der etwas von dem Borderliner will, ist zugleich jemand, der dem Borderliner etwas gibt. Will derjenige nichts mehr von ihm, dann wird er solange attakiert, bis er mindestens in Ruhe gelassen werdenwill. Dies wiederum bedeutet grausame Versagung für den Borderliner. Er braucht das Gefühl der Macht, sei dies Allmacht oder Ohnmacht. Ersteres erlaubt ihm, letzteres rechtfertigt ihm das ungezügelte Ausagieren seines Hasses. Es ist dem Borderliner wichtiger, dem anderen zu schaden, als sich selbst zu nutzen. Er hat eine Form der Selbstbestätigung verinnerlicht, die ihn einer inneren Leere überantwortet, wenn er anderen "lediglich" helfen würde, anderen nur angenehme Gefühle entgegenbringen oder von anderen nur angenehme Gefühle empfangen würde. Im Gegenteil ist es eher so, daß der Borderliner sich eine Identität schafft, indem er andere schädigt.

 

Die Überich-Pathologie

Die psychische Störung der Borderline-Persönlichkeit ist begründet in der Überich-Pathologie.

Der Borderline-Patient ist in seiner Persönlichkeit anti-sozial, zwischenmenschliche Beziehungen füllt er mit wahnhaften, paranoiden Verfolgungsängsten, da er jedem anderen Menschen ähnliche Neigungen zuschreibt wie er selbst sie hat. Freie Aggressionsäußerung und gewissenloser Einsatz aller nur denkbaren Mittel sind ihm für die Erreichung seiner Zwecke selbstverständlich, da er in einer Welt zu leben meint, die aufgrund solcher Mechanismen funktioniert und die ein solches Verhalten erfordert, um zu überleben. Ungezügelter Haß und schwerer Sadismus in Abgrenzung von bloßer Abgebrühtheit und Schadenfreude sind wesentliche Kennzeichen seiner Charakterstruktur. Ein Rest von normaler Ehrlichkeit in sozialen Beziehungen findet sich dort, wo er emotional unbeteiligt bleibt, bei Menschen also, die ihm sowieso egal sind.

 

"Die "Borderline-Persönlichkeit im engeren Sinne" ("Borderline Personality Disorder"):

Mindestens fünf der folgenden Merkmale müssen vorliegen und zwar in einer Weise, daß sie fest in der Persönlichkeit des Betreffenden verankert und kennzeichnend für das Individuum sind. Außerdem müssen entweder deutliche Beeinträchtigungen im sozialen und beruflichen Bereich oder subjektive Beschwerden vorliegen.

  • In mindestens zwei Bereichen, die geeignet sind, sich selbstschädigend auszuwirken, hat der Betreffende Schwierigkeiten, seinen Impulsen zu widerstehen oder sein Handeln wird unberechenbar, wie z.B. Verschwendung, Sexualität, Glücksspiel, Drogengebrauch, Ladendiebstahl, übermässige Nahrungsaufnahme, körperlich selbstschädigende Handlungen.
  • Die zwischenmenschlichen Beziehungen des Betreffenden sind bei gleichzeitiger Intensität von Instabilität gekennzeichnet. Merkmale hierfür sind: Idealisierung, Entwertung, Manipulation (durchgängig andere Menschen für die eigenen Zielsetzungen benutzen).
  • Häufige Wutausbrüche, dauernde Gereiztheit, mangelnde Kontrolle des Ärgers in Situationen, die die Intensität dieser Gefühle nicht rechtfertigen.
  • Der Betreffende ist sich in Fragen bezüglich seiner Identität unsicher, z.B. "Wer bin ich", "Ich komme mir vor als wäre ich meine Schwester wenn ich gut bin", oder auch in langfristigen Zielsetzungen, Berufswahl, Freundschaftsmuster, Werte oder Geschlechts-Identität.
  • Schwankungen in der Gestimmtheit mit einer Dauer von einigen Stunden bis zu wenigen Tagen, die in auffälliger Weise zwischen Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Angst und normaler Gestimmtheit pendeln kann.
  • Unfähigkeit oder Schwierigkeiten, das Alleinsein zu ertragen, was sich z.B. in hektischer Betriebsamkeit, krampfhaftem Vermeiden von Alleinsein und Niedergeschlagenheit, wenn der Betreffende allein ist, äußern kann.
  • Der Betreffende zeigt eine Tendenz oder akute Neigung zu selbstschädigenden Handlungen, z.B. Selbstverstümmelung, häufige Unfälle, häufige körperliche Auseinandersetzungen oder suizidale Gesten.
  • Der Betreffende empfindet ein ständiges oder lang andauerndes Gefühle von Leere und Langeweile."(Rohde-Dachser, Christa: Das Borderline-Syndrom, 3.Aufl. Stuttgart 1983, S.242)

Weiter lassen sich folgende Merkmale häufiger beobachten:

  • Dezente psychotische Erlebnisse in der Form von paranoiden Vorstellungen, d.h. der Betreffende fühlt sich verfolgt, von seiner Umwelt fortdauernd mißverstanden. Typisch ist auch, daß sich Borderline-Patienten nach einer vorangegangenen Psychotherapie subjektiv schlechter fühlten.
  • Die anti-soziale Persönlichkeit ist nicht gleichbedeutend mit sozialer Desintegration. Im Gegenteil verfügen Borderline-Patienten häufig über eine gute soziale Integration, die allerdings von Inkontinuität gekennzeichnet ist, d.h die einzelnen Bindungen sind intensiv, aber instabil. Die persönliche Bedeutung einer engen Beziehungsperson wird häufig abgewertet und der andere diskreditiert oder verdeckt manipulativ beeinflußt. Typische Mittel hierzu sind z.B. somatische Klagen, provokative Handlungen, oder irreführende Botschaften. Borderline-Patienten fühlen sich in ihren Beziehungen auffallend häufig verletzt oder als Opfer (masochistische Beziehung). Abhängigkeitsprobleme von Borderline-Patienten zeigen sich häufig in der aktuellen Unterstützung oder dem Erhalt von Ratschlägen und Richtlinien durch eine wichtige Beziehungsperson."(ebd. S.245)
  • In der neueren psychioatrischen Literatur wird das Borderlinesyndrom entweder als latente, pseudoneurotische Schizophrenie (z. B. Benedetti 1977; Süllwold 1986) oder als Persönlichkeitsstörung (Gunderson u. Kolb 1978; Spitzer u. Endicott 1979) verstanden. Das offizielle amerikanische Diagnoseschema, das DSM-3 (Köhler u. Sass 1984) beurteilt das Borderlinesyndrom als Persönlichkeitsstörung und benutzt zur Kennzeichnung folgende Merkmale:
  • Impulsivität oder Unberechenbarkeit im Triebbereich im Sinne der Impulsneurose, instabile zwischenmenschliche Beziehungen mit ausgeprägten Entwertungen oder Idealisierungen, heftige unintegrierte Affekte (vor allem Wutzustände und abrupt wechselnde Stimmungslagen), Gefühl des Nicht-alleine-sein-Könnens und eine depressive Isolierung, chronische Gefühle von Leere und Langeweile sowie Tendenzen zu körperlichen Selbstschädigungen.

 

Was bedeutet Borderline?

Das Borderline-Syndrom ist eine Persönlichkeitsstörung, bei der Symptome einer Neurose und einer Psychose wechselnd auftreten.

Grenzgänger oder Grenzlinie als „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ ist ein aus der Psychoanalyse stammendes theoretisches Konstrukt, mit dem versucht wird, eine Vielzahl von auffälligen Verhaltensweisen und Gefühlen zu erklären, die weder in das psychoanalytische Schema einer neurotischen noch einer psychotischen Störung passen. Die Borderline-Störung galt in psychiatrischer Forschung ursprünglich als Begriff, um Randphänomene im Grenzbereich zu den schizophrenen Störungen genauer zu erfassen. Borderline-Persönlichkeitsstörung wird seit dem DSM III auch so genannt.

Dieses Krankheitsbild zeichnet sich durch sehr unterschiedliche Erscheinungen aus. Meist findet sich ein buntes Sammelsurium vieler Diagnosen in der Krankheitsgeschichte.

 

Symptome:

  • Angst-(Vernichtungs-,Verlassenheits-,Trennungsangst)
  • autoaggressives Verhalten
  • Depersonalisations- und Derealisationsgefühle
  • Depressionen
  • Drogenkonsum
  • delinquentes Sozialverhalten
  • extreme Idealisierungen oder Entwertungen
  • Essstörungen
  • Gefühlsstörungen
  • Hysterien
  • Identitätsdiffusion
  • innere Leere
  • impulsive Reaktionsweisen
  • Impulskontrollverlust
  • Kontaktvermeidung - plötzliche Kontaktabbrüche
  • polymorphe Sexualität (stark schwankend in der Ausprägung)
  • Präventivangriffe
  • psychosomatische Symptome
  • Realitätsverlust
  • Rituale und Zwänge
  • Schwarz-Weiß-Denken
  • starkes Kontrollbedürfnis über andere Menschen
  • Sucht
  • Suizidalität
  • Zwangssymptome (überwertige Ideen)

Ursachen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)

Eine Borderline-Symptomatik und ihre Manifestationen sind letztlich das Produkt einer komplexen Mischung von angeborenem Temperament, schwierigen Erfahrungen in der Kindheit und relativ subtilen Formen neurologischer und/oder biochemischer Dysfunktionen.

Entlang diesem multifaktorialen Modell glauben die Forscher, dass 3 Faktoren für die Entwicklung einer BPS notwendig sind: ein Umweltfaktor, ein konstitutioneller Faktor und ein Faktor, der die Interaktion der anderen beiden darstellt oder ein Triggering-Faktor (Auslöser) ist.

 

Das dreiteilige Modell der Entwicklung einer BPS besteht somit aus

  • Umweltfaktor: traumatisierende Erfahrungen in der Kindheit
  • Konstitutioneller Faktor: übersteigertes Temperament
  • Interaktionen von 1. und 2. oder auslösendes Ereignis

 

Laut Aussage von Untersuchungsberichten, hat jeder Patient eine einzigartige Kombination bei der Entwicklung einer Borderline-Störung, die eine schmerzvolle Abwandlung eines unglücklichen, aber gleich bleibenden Themas ist.

                                                                                                                     

 

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